Plötzlich isst dein Kind kaum noch. Oder es verschwindet nach jeder Mahlzeit im Bad. Vielleicht wirkt es oft gereizt, zieht sich zurück, spricht kaum noch. Du spürst: Irgendetwas stimmt nicht, aber was?
Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie entwickeln sich meist schleichend. Gerade in der Pubertät fällt es Eltern schwer, normale Entwicklungsphasen von ernsten Warnsignalen zu unterscheiden. Umso wichtiger ist es, genau hinzusehen und frühzeitig zu handeln.
Woran erkenne ich, dass mein Kind eine Essstörung hat?
Essstörungen wie Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht) oder Binge-Eating-Störung (Essanfälle)zählen zu den psychosomatischen Erkrankungen. Das bedeutet: Körper und Psyche sind gleichermaßen betroffen. Oft treten auch Mischformen auf und die Ursachen sind individuell verschieden. Häufig spielen innere Konflikte, Selbstzweifel oder ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle eine zentrale Rolle.
Wichtig für Eltern:
Essstörungen sind kein Ausdruck von Eitelkeit, kein „Schlankheitswahn“ und auch keine harmlose Pubertätskrise. Sie sind der Versuch, mit tief liegenden seelischen Problemen umzugehen, durch Kontrolle, Rückzug oder übertriebene Disziplin. Wenn du das Gefühl hast, dass Essen, Gewicht oder der eigene Körper bei deinem Kind plötzlich alles bestimmen, dann lohnt es sich, genauer hinzusehen. Schon dein aufmerksames Zuhören kann ein erster Schritt in Richtung Veränderung sein.
Körperliche & emotionale Warnsignale bei Essstörungen
Nicht jede Veränderung im Verhalten bedeutet gleich eine Essstörung. Aber wenn sich bestimmte Anzeichen über Wochen oder Monate häufen, solltest du als Elternteil aufmerksam werden:
Körperliche Hinweise, auf die du achten kannst:
- plötzlicher oder schleichender Gewichtsverlust
- häufiges Frieren, blasse Haut, trockene Haut, Haarausfall
- ausbleibende Regelblutung (bei Mädchen)
- Müdigkeit, Erschöpfung oder Konzentrationsprobleme im Alltag
- Verstopfungen oder häufige Bauchschmerzen, besonders nach dem Essen
- Bei Leistungssportlern: vermehrte Verletzungen, ungewöhnlich schnelle Erschöpfung oder ein auffälliger Leistungsabfall
Verhaltensveränderungen & emotionale Anzeichen:
- Rückzug aus dem Familienleben und dem Freundeskreis
- starke Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen
- auffällige Beschäftigung mit Kalorien, „gesunder Ernährung“ oder Diäten
- das Meiden gemeinsamer Mahlzeiten
- auffallend weite oder viele Kleidungsschichten, um den Körper zu verstecken
Eltern-Tipp: Wenn dir mehrere dieser Anzeichen über längere Zeit auffallen, sprich dein Kind behutsam an. Keine Vorwürfe, sondern echtes Interesse, Zuhören und das Signal: Du bist nicht allein.
Unterschiede bei Magersucht & Bulimie
Essstörungen können sich unterschiedlich zeigen, je nach Form. Hier ein Überblick, worauf du als Mutter oder Vater achten kannst:
Typisch bei Magersucht (Anorexie):
- starker Gewichtsverlust über kurze oder längere Zeit
- extrem kontrolliertes Essverhalten
- häufige Ausreden wie „Ich hab schon gegessen“ oder „Ich bin einfach nicht hungrig“
- übermäßiger Sport – selbst bei Krankheit oder Schwäche
- Insbesondere bei Jüngeren (11-13 Jahre): ausbleibendes Wachstum oder verzögerte körperliche Entwicklung
Typisch bei Bulimie (Ess-Brech-Sucht):
- regelmäßige Essanfälle mit anschließendem Erbrechen oder der Einnahme von Abführmitteln
- häufige Toilettengänge direkt nach dem Essen
- Zahnschäden, Halsschmerzen, geschwollene Speicheldrüsen
- Vorräte an Abführmitteln oder Nahrung oder das Verschwinden von Lebensmitteln
Oft bei beiden Formen zu beobachten:
- Rückzug von sozialen Aktivitäten oder Familienmomenten
- auffallend weite Kleidung oder viele Schichten
- starker Fokus auf Ernährung und Kochen, ohne selbst mitzuessen
- zunehmende Gereiztheit, innere Unruhe, Konzentrationsprobleme
Wichtig zu wissen: Eine Essstörung erkennt man nicht immer am Gewicht. Auch junge Menschen mit Normalgewicht oder Übergewicht können schwer betroffen sein und dringend Hilfe brauchen.
Lies weiter in unseren Hintergrundartikeln: Magersucht: Ursachen verstehen und warum sie mehr sind als nur ein Schönheitswunsch und Was ist Bulimie? Hintergründe zur Ess-Brech-Sucht verständlich erklärt.
Was ist noch „normal“ und was schon ein Warnzeichen?
In der Pubertät verändert sich viel, auch die Beziehung zum eigenen Körper oder zum Essen. Nicht alles ist gleich besorgniserregend. Aber bestimmte Verhaltensweisen können erste Hinweise sein:
Oft entwicklungsbedingt:
- Interesse an gesunder Ernährung, Kochen oder Backen
- vorübergehende Appetitlosigkeit, z. B. bei Prüfungsstress
- Unsicherheiten oder Selbstzweifel – gelegentlich, nicht dauerhaft
Mögliche Warnzeichen für eine beginnende Essstörung:
- starre Regeln wie „Ich esse nach 18 Uhr nichts mehr“
- Schuldgefühle nach dem Essen
- ständige Selbstkritik bezüglich Körper oder Gewicht
- zunehmender sozialer Rückzug, Isolation, verändertes Verhalten
Vertrau deinem Bauchgefühl:
Du kennst dein Kind am besten. Wenn dir über längere Zeit etwas „nicht richtig“ vorkommt, sprich es an – ruhig, liebevoll, offen. Du kannst den ersten Schritt gehen und zeigen: Ich bin da und du musst das nicht allein schaffen.
In akuten Fällen: Verantwortung übernehmen
So wichtig das behutsame Gespräch auch ist, manchmal braucht es mehr als das. In bestimmten Situationen darfst und musst du als Elternteil klare Entscheidungen treffen. Besonders wenn dein Kind schwer untergewichtig ist, kaum noch isst oder sich selbst gefährdet.
Zögere in solchen Fällen nicht, ärztliche Hilfe zu holen oder eine Klinik bzw. Therapeut:in zu kontaktieren. Auch wenn dieser Schritt schwerfällt: es geht um die Gesundheit und im Zweifel sogar um das Leben deines Kindes.
Ursachen verstehen – warum Kinder & Jugendliche in Essstörungen rutschen
Wenn das eigene Kind kaum noch isst, ständig über Kalorien spricht oder sich völlig zurückzieht, stellt sich für viele Eltern unweigerlich die Frage: Warum?
Die Wahrheit ist: Eine Essstörung wie Magersucht oder Bulimie entsteht nie „einfach so“ und selten durch einen einzigen Auslöser. Vielmehr wirken verschiedene innere und äußere Faktoren zusammen: Druck in der Schule, persönliche Krisen, Konflikte im Umfeld oder gesellschaftliche Erwartungen.
Essstörungen sind keine Frage von Schuld. Sie sind ernstzunehmende, komplexe psychische Erkrankungen. Selbstvorwürfe helfen nicht. Was dein Kind jetzt braucht, ist dein Verständnis, deine Unterstützung und der Blick hinter das Verhalten.
Zwischen Leistungsdruck, Selbstzweifeln & Kontrollbedürfnis
Viele Jugendliche mit einer Essstörung erzählen, dass sie sich überfordert, fremdbestimmt oder ohnmächtig gefühlt haben – in der Schule, im Freundeskreis, zu Hause. Die Kontrolle über das eigene Essverhalten wirkt dann scheinbar wie ein Ausweg. Typische Auslöser können sein:
- hoher Leistungsdruck in Schule, Sport oder Familie
- starke Selbstzweifel und das Gefühl, nicht gut genug zu sein
- Perfektionismus und Angst zu versagen
- Schwierigkeiten mit dem eigenen Körperbild
In der Pubertät verändern sich Körper, Gefühle und das soziale Umfeld. Für manche Jugendliche wird das Essverhalten zur einzigen Sache, die sie noch kontrollieren können und das mit oft dramatischen Folgen.
Rolle von Medien & Körperidealen
TikTok, Instagram & Co sind längst Teil des Alltags. Doch gerade in der sensiblen Phase der Jugend prägen sie oft ein einseitiges Bild von „Idealität“. Was viele unterschätzen:
- Schlanke Körper, „clean eating“ und Fitness-Challenges gelten online oft als Normalität
- Algorithmen zeigen immer wieder ähnliche Inhalte – z. B. Diät-Tipps, „Thinspo“ oder „What I eat in a day“-Videos
- Der ständige Vergleich löst schnell das Gefühl aus, nicht dazuzugehören oder „nicht richtig“ zu sein
Auch in Filmen, Serien und Werbung dominieren schlanke, durchtrainierte Körper. Kaum jemand spricht offen über Unsicherheiten, Vielfalt oder die Schattenseiten hinter der Perfektion.
Mehr zum Thema findest du in unserem Artikel: Trigger, Vergleiche & Social Media
Essstörung ist kein Trotzverhalten
Es ist schwer, wenn das eigene Kind sich zurückzieht, auf Fragen nicht reagiert oder gereizt abblockt. Schnell entsteht der Eindruck: Will es mir etwas heimzahlen?
Aber: Eine Essstörung ist kein bewusster Trotz, kein „Aufmerksamkeitsdrama“, sondern oft Ausdruck von tiefer innerer Not.
Das bedeutet:
- Dein Kind leidet, auch wenn es das nicht zeigt.
- Ablehnung ist oft Selbstschutz, kein Angriff.
- Hinter dem Verhalten steckt keine Bosheit, sondern ein Hilferuf, der vielleicht noch keinen Weg nach draußen kennt.
Du musst nicht alles verstehen, aber du kannst den ersten Schritt gehen, um da zu sein. Auch (oder gerade) dann, wenn dein Kind es selbst gerade nicht kann.
Erste Schritte bei Essstörungen: So kannst du als Elternteil unterstützen
Wenn das Essverhalten deines Kindes sich stark verändert, gerät schnell das ganze Familienleben aus dem Gleichgewicht. Viele Eltern fragen sich: Wie spreche ich das Thema an, ohne Druck zu machen? Oder: Wie kann ich helfen, ohne ständig über Essen zu reden? Die gute Nachricht: Du musst keine perfekten Worte finden. Was zählt, ist deine Haltung – aufmerksam, zugewandt und geduldig.
Gespräch führen, aber wie?
Der erste Schritt ins Gespräch ist oft der schwerste und zwar für beide Seiten. Umso wichtiger ist es, ruhig, respektvoll und ohne Druck vorzugehen.
So kannst du ein Gespräch einleiten:
„Ich mache mir Sorgen, weil ich ein paar Dinge bei dir bemerkt habe. Wäre es okay, wenn wir mal in Ruhe darüber sprechen?“
Zeig: Du willst verstehen, nicht kontrollieren.
Und wenn dein Kind nicht reden möchte?
„Ich verstehe, dass du gerade nicht darüber sprechen willst. Aber wenn du irgendwann reden magst – ich bin da.“
Allein dieses Angebot kann den Unterschied machen. Wichtig: Kein Gespräch auf Zwang. Manchmal braucht es mehrere Anläufe.
Weitere Tipps findest du in unserem Artikel: Essstörung ansprechen: So findest du die richtigen Worte
Do’s & Don’ts im Alltag
Was du tun kannst:
- Bleib ruhig und geduldig, auch wenn dein Kind ablehnend reagiert
- Biete klare, aber liebevolle Strukturen, z. B. gemeinsame Mahlzeiten
- Zeig: Ich sehe dich als ganzen Menschen und nicht nur das Problem mit dem Essen
- Signalisiere: Du musst das nicht allein schaffen. Ich gehe mit dir diesen Weg
Was du besser vermeidest:
- Kommentare über Gewicht, Figur oder Portionen
- Vergleiche („XY hat das auch geschafft“)
- Sätze wie: „Dann iss doch einfach wieder normal“
- ständiges Kontrollieren oder „heimliches Beobachten“
Eltern-Tipp: Du musst keine Therapeut:in sein. Aber du darfst zuhören, aufmerksam bleiben und dein Kind ernst nehmen. Das allein wirkt oft mehr, als du denkst.
Hilfe annehmen – für dein Kind und für dich
Essstörungen sind behandlungsbedürftige Erkrankungen und kein Thema, das du allein als Familie „lösen“ musst. Je früher ihr Unterstützung bekommt, desto besser.
Gute erste Anlaufstellen:
- Kinderärzt:innen oder Hausärzt:innen
- Psychotherapeut:innen (z. B. Kinder- und Jugendtherapie)
- Beratungsstellen für Essstörungen (auch online oder telefonisch)
Und vergiss dich selbst nicht:
Als Mutter oder Vater brauchst du genauso jemanden, der zuhört und dir Halt gibt. Beratungsangebote gibt es auch speziell für Angehörige – z. B. bei der Nummer gegen Kummer, dem Krisenchat, der Telefonseelsorge oder bei spezialisierten Beratungsstellen vor Ort.
Es ist keine Schwäche, Hilfe anzunehmen. Im Gegenteil: Es ist ein mutiger Schritt – für dein Kind und für dich.
App-Tipp: eatappie
Die App eatappie bietet Kindern und Jugendlichen mit Essstörungen eine alltagsnahe Begleitung zur Überbrückung von Wartezeiten oder begleitend zur Therapie.
Alltag mit Essstörung gestalten: Was jetzt wichtig ist und was nicht
Wenn dein Kind eine Essstörung hat, verändert sich der Alltag oft von Grund auf. Routinen brechen weg, die Stimmung zu Hause kippt schneller, Gespräche kreisen (gefühlt) nur noch ums Essen oder eben darum, genau das zu vermeiden. Vielleicht hast du das Gefühl, ständig auf der Hut sein zu müssen und trotzdem nie genug zu tun.
Die gute Nachricht: Du musst den Alltag nicht perfekt managen. Es geht nicht darum, immer die richtigen Worte zu finden oder jede Situation unter Kontrolle zu haben. Sondern darum, Stabilität zu schaffen, Sicherheit zu geben und liebevoll dranzubleiben, auch wenn es schwerfällt.
Gemeinsam essen, aber ohne Druck
Mahlzeiten können für Familien mit einem essgestörten Kind zum täglichen Kraftakt werden. Was früher normal war, fühlt sich plötzlich angespannt oder sogar bedrohlich an für alle Beteiligten.
Das kann helfen:
- Schaffe einen festen Rahmen: Gemeinsame Essenszeiten geben Struktur und Sicherheit
- Druck sensibel dosieren: Ganz ohne Druck geht es oft nicht, besonders wenn medizinische Risiken bestehen. Wichtig ist, dabei ruhig zu bleiben und Eskalationen möglichst zu vermeiden. Klare, aber einfühlsame Ansagen helfen mehr als Bitten oder Diskussionen.
- Fokus auf das Miteinander: Redet über den Tag, Schule, Hobbys und nicht über Essen oder Kalorien
- Keine Sonderbehandlung am Tisch: Inklusive statt separierender Umgang signalisiert Normalität und Zugehörigkeit
Eltern-Tipp: Sei geduldig mit deinem Kind und mit dir selbst. Auch kleine Fortschritte (z. B. am Tisch sitzen bleiben) sind wichtig. Wenn du unsicher bist: Hol dir Unterstützung. Du musst nicht alles allein tragen.
Rituale, Stabilität & emotionale Sicherheit
Essstörungen bei jungen Menschen gehen oft mit einem Gefühl innerer Leere, Kontrollverlust oder Orientierungslosigkeit einher. Umso wichtiger ist es, dass zu Hause ein sicherer Rahmen bleibt.
Was euch helfen kann:
- Verlässliche Routinen im Alltag, z. B. feste Aufsteh- und Schlafenszeiten
- Kleine verbindende Rituale wie gemeinsam Fotos anschauen, ein Spiel spielen, ein Serienabend oder eine liebevolle Gute-Nacht-Geste
- Offene Gespräche über Gefühle, auch wenn du nicht alles „lösen“ kannst, zuhören hilft
- Klare Grenzen – liebevoll, aber bestimmt bei gesundheitsgefährdendem Verhalten
Signalisiere: „Du bist geliebt. Und hier ist ein Ort, an dem du dich nicht verstellen musst.“
Warum Rückschläge dazugehören
Der Weg raus aus einer Essstörung ist kein gerader. Gute Tage wechseln sich mit schwierigen Phasen ab, auch während oder nach einer Therapie. Das bedeutet nicht, dass alles umsonst war. Rückschläge sind Teil des Prozesses.
Rückfallgedanken? Keine Mahlzeit geschafft? Rückzug ins Zimmer?
Wichtig ist: Nicht in Panik verfallen oder mit Druck reagieren. Sondern ruhig bleiben und deinem Kind zeigen:
„Es ist okay, dass es gerade schwer ist. Wir schauen gemeinsam, was dir jetzt helfen kann.“
Realistische Erwartungen helfen euch beiden, durchzuhalten, auch wenn’s mal holprig wird.
Therapie & professionelle Hilfe bei Essstörungen – wann und wie?
Viele Eltern hoffen anfangs, dass sich das auffällige Essverhalten ihres Kindes von allein wieder legt. Vielleicht denkst auch du: „Das ist bestimmt nur eine Phase.“ Doch: Je früher eine Essstörung erkannt und professionell begleitetwird, desto besser sind die Chancen, gegenzusteuern. Hilfe zu holen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein mutiger, wichtiger Schritt für euch beide.
Hausarzt, Kinder- und Jugendpsychotherapie, Beratungsstellen
Der erste Anlaufpunkt kann die Hausärztin oder der Hausarzt sein. Dort wird geprüft, ob eine medizinische Gefährdung besteht und wie dringend weitere Maßnahmen nötig sind. Auch Kinderärzt:innen oder Jugendmediziner:innen sind wichtige Ansprechpersonen.
Diese Fachstellen können weiterhelfen:
- Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen: für psychotherapeutische Begleitung
- Kinder- und Jugendpsychiater:innen: z. B. bei schweren Verläufen oder Begleiterkrankungen
- Beratungsstellen für Essstörungen: z. B. von Caritas, Diakonie, ANAD oder lokale Hilfsangebote
- Kliniken mit Spezialisierung auf Essstörungen: ambulant, teilstationär oder stationär
Wartezeiten sind leider häufig, gerade auf Therapieplätze. Die App eatappie kann diese Zeit sinnvoll überbrücken: mit niedrigschwelliger Unterstützung im Alltag für dein Kind.
Was Eltern vor einem Therapiegespräch wissen sollten
Das erste Gespräch mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten ist für viele Eltern ungewohnt und für Jugendliche manchmal abschreckend. Umso wichtiger ist es, vorbereitet und mit einer offenen Haltung in diesen Schritt zu gehen.
Wichtige Punkte vorab:
- Therapie funktioniert am besten auf freiwilliger Basis: Dein Kind sollte sich sicher und nicht gezwungen fühlen. Aber: Wenn eine akute Eigengefährdung vorliegt, z. B. bei extremem Untergewicht oder suizidalen Gedanken, kann therapeutische Hilfe auch gegen den Willen nötig sein. In solchen Fällen zählt Schutz mehr als Zustimmung.
- Erstgespräche sind zum Kennenlernen da: Es geht noch nicht um die tiefgreifende Aufarbeitung, sondern um Vertrauen, Fragen und einen ersten Eindruck.
- Du bist mitgemeint, aber nicht im Mittelpunkt: Als Elternteil kannst du wertvolle Informationen beitragen. Gleichzeitig braucht dein Kind einen geschützten Raum, um frei sprechen zu können.
Tipp: Sprich mit deinem Kind offen über die Möglichkeit einer Therapie ohne Druck, aber mit ehrlichem Interesse. Sag zum Beispiel: „Ich mache mir Sorgen und würde dich gern unterstützen. Wenn du magst, können wir gemeinsam schauen, wer helfen kann.“ Auch ein gemeinsamer erster Termin kann deinem Kind Sicherheit geben und helfen, Vorurteile oder Ängste abzubauen.
Therapie oder Klinik – wer entscheidet was?
Nicht immer reicht eine ambulante Therapie aus. Manchmal braucht es mehr Stabilität und Unterstützung, etwa durch eine teilstationäre oder stationäre Behandlung.
Eine Klinik ist meist dann sinnvoll, wenn:
- starkes Untergewicht oder körperliche Gefährdung besteht
- zu Hause keine Stabilität mehr gewährleistet ist
- psychische Begleiterkrankungen wie Depression oder Zwänge hinzukommen
- ambulante Therapieversuche nicht greifen oder abgebrochen wurden
Die Entscheidung wird immer gemeinsam mit Fachpersonen getroffen – idealerweise im Austausch zwischen Ärzt:innen, Therapeut:innen, Eltern und, je nach Alter, dem Kind selbst. Auch hier gilt: Früh zu handeln, bedeutet nicht zu übertreiben. Sondern Fürsorge zu zeigen, bevor sich die Essstörung weiter verfestigt.
Mehr zum Thema findest du in unserem Artikel: Was hilft bei Essstörungen? Therapie, Selbsthilfe & App-Unterstützung
Auf sich selbst achten: Du darfst auch überfordert sein
Wenn dein Kind eine Essstörung hat, steht plötzlich alles Kopf. Der Alltag fühlt sich an wie ein Drahtseilakt zwischen Sorge, Hilflosigkeit und dem Wunsch, alles richtig zu machen. Vielleicht fragst du dich: „Darf ich das anstrengend finden? Darf ich traurig, wütend oder einfach müde sein?“
Ja, du darfst. Und nicht nur das: Es ist wichtig, dass du auf dich selbst achtest – für dein Kind, aber auch für dich.
Belastung anerkennen & Hilfe holen
Ständige Anspannung, das Gefühl, nie zur Ruhe zu kommen, nicht zu wissen, was richtig oder falsch ist, das kann enorm belasten. Und das ist okay. Du musst nicht immer stark sein.
Was dir jetzt guttun kann:
- Nimm deine Gefühle ernst – auch Erschöpfung, Angst oder Frust gehören dazu
- Erlaube dir Pausen, selbst wenn sie sich erst mal „falsch“ anfühlen
- Sprich mit jemandem, dem du vertraust, denn du bist nicht allein
- Hol dir aktiv Unterstützung – das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke
Wichtig: Wenn du innerlich zusammenbrichst, kannst du niemandem Halt geben. Selbstfürsorge ist kein Luxus – sie ist notwendig.
Geschwisterkinder nicht vergessen
Wenn ein Kind krank ist, rücken andere oft ungewollt in den Hintergrund, auch wenn du es gar nicht so willst. Geschwister spüren die Spannungen im Alltag und machen sich oft eigene Gedanken. Manche ziehen sich zurück, andere wollen „besonders brav“ sein, um keine zusätzliche Belastung zu sein.
So kannst du auch ihnen Halt geben:
- Schaffe bewusste Zeiten nur für das Geschwisterkind, auch kleine Rituale reichen
- Sprich ehrlich über das, was gerade passiert – kindgerecht, aber nicht beschönigt
- Mach klar: „Deine Gefühle zählen genauso. Du darfst alles sagen und du musst nicht funktionieren.“
- Achte auf Veränderungen. Rückzug, extreme Anpassung oder Schlafprobleme können Signale sein. Hol dir ggf. auch hier professionelle Unterstützung.
Tipp: Manche Beratungsstellen bieten auch Gruppen speziell für Geschwister an. Das kann entlastend sein und Austausch ermöglichen.
Beratungsangebote für Eltern
Du bist Mutter oder Vater und kein:e Therapeut:in. Und du musst auch keine:r sein. Aber du darfst dir selbst Hilfe holen, wenn du merkst: „Ich komme an meine Grenzen.“
Anlaufstellen, die für dich da sind:
- Lokale Beratungsstellen für Essstörungen: viele bieten Angehörigengespräche oder Elterngruppen an.
- Nummer gegen Kummer (Elterntelefon): 0800 – 111 0 550 (kostenlos & anonym)
- Online-Beratungen: z. B. bei ANAD, der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) oder krisenchat.de
- Telefonseelsorge: 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 – rund um die Uhr erreichbar
- Angehörigenforen & Selbsthilfegruppen – digital oder vor Ort
Auch ein kurzes Gespräch mit einer Fachperson kann dir wieder mehr Sicherheit geben und zeigen: Du bist nicht allein.
Was bei Essstörungen deines Kindes zählt: Präsenz zeigen & Hilfe holen
Der Weg durch eine Essstörung ist selten geradeaus. Er fordert Geduld, Kraft und oft mehr Fragen als Antworten für Kinder, Jugendliche und auch für dich als Elternteil. Du musst nicht alles verstehen, nicht alles allein stemmen und schon gar nicht perfekt sein.
Was wirklich zählt:
- Hinschauen statt wegsehen
- Zuhören statt urteilen
- Hilfe holen statt alles allein schaffen wollen
Essstörungen sind keine Trotzreaktion und kein Erziehungsfehler. Sie sind ernsthafte Erkrankungen, aber auch behandelbar. Je früher ihr handelt, desto besser.
Dein Kind braucht vor allem eins: Deine Präsenz, nicht deine Perfektion. Es braucht Menschen, die dranbleiben, auch wenn es schwierig wird.
Und du? Du darfst müde sein. Wütend. Unsicher. Du darfst Unterstützung annehmen – für dein Kind und für dich selbst.
Wie eatappie dich als Elternteil eines essgestörten Kindes unterstützen kann
Du möchtest unterstützen, bist aber manchmal ratlos, wie? Genau hier setzt eatappie an.
Die App wurde speziell für junge Menschen mit Magersucht oder Bulimie entwickelt als digitale Begleitung im Alltag: zwischen Arztbesuchen, Gesprächen oder Therapiephasen. Sie unterstützt dein Kind, sich selbst besser zu verstehen und mit schwierigen Situationen umzugehen.
Wichtig: eatappie ersetzt keine Therapie, aber sie kann ein hilfreicher Baustein sein, besonders, wenn Wartezeiten überbrückt oder kleine Alltagsfortschritte begleitet werden sollen.
Erfahre mehr über eatappie der probier die App gemeinsam mit deinem Kind 4 Wochen kostenlos aus
Häufige Fragen von Eltern zu Essstörungen
Wie erkenne ich, ob mein Kind wirklich eine Essstörung hat?
Achte auf körperliche und emotionale Veränderungen, die über mehrere Wochen bestehen: etwa Gewichtsverlust, auffälliges Essverhalten, ständiges Kalorienzählen, Rückzug, Gereiztheit oder Stimmungsschwankungen. Eine sichere Diagnose kann aber nur ein:e Ärzt:in oder Therapeut:in stellen. Mehr Infos findest du in unseren Artikeln zu Magersucht und Bulimie.
Was kann ich tun, wenn mein Kind alles abstreitet?
Bleib ruhig, mach keine Vorwürfe. Zeig: „Ich sehe dich. Und ich mache mir Sorgen.“ Ein behutsamer Einstieg kann sein: „Darf ich etwas ansprechen, das mir aufgefallen ist?“ In unserem Beitrag Essstörung ansprechen – so findest du die richtigen Worte, findest du konkrete Gesprächshilfen.
Soll ich professionelle Hilfe holen, auch wenn mein Kind nicht will?
Ja! Vor allem, wenn du eine akute Gefährdung vermutest. Bei starkem Untergewicht, Erbrechen oder kompletter Essensverweigerung solltest du handeln. Sprich mit Ärzt:innen oder Beratungsstellen. Es geht nicht darum, über den Kopf deines Kindes hinweg zu entscheiden, sondern Verantwortung zu übernehmen, wenn es nötig ist.
Darf ich mit Lehrer:innen oder anderen Erwachsenen sprechen?
Unbedingt, vor allem, wenn du dich überfordert fühlst oder Unterstützung brauchst. Du musst das nicht allein tragen. Ein Gespräch mit Lehrer:innen, Schulsozialarbeit oder anderen Erwachsenen kann helfen, die Situation besser einzuordnen. Bezieh dein Kind möglichst mit ein. Sag offen, was du vorhast, zum Beispiel: „Ich mache mir Sorgen und würde gern mit deiner Klassenlehrerin sprechen, damit wir gemeinsam überlegen können, wie wir dich unterstützen können. Bist du einverstanden?“ So fühlt sich dein Kind nicht übergangen und erlebt: Es geht um Hilfe, nicht um Kontrolle.
Wie genau unterstützt eatappie?
Die App begleitet junge Menschen mit Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie im Alltag. Sie stärkt Selbstwahrnehmung, motiviert zur Veränderung und hilft, schwierige Momente zu überstehen. Eltern können mit ihrem Kind gemeinsam starten, die Inhalte selbst aber nicht einsehen – eatappie richtet sich bewusst an die Jugendlichen.
Quellen:
bzga-essstoerungen.de was-koennen-angehoerige-andere-tun/, abgerufen am 21.07.2025
anad.de/beratung/angehoerige/, abgerufen am 21.07.2025
anad.de eltern.php, abgerufen am 21.07.2025
swr3.de essstoerungen-hilfe-betroffene-angehoerige, abgerufen am 21.07.2025
hamburg.de essstoerungen-rat-und-hilfe, abgerufen am 21.07.2025
https://www.tness.de/fuer-angehoerige/, abgerufen am 21.07.2025
bundesgesundheitsministerium.de Flyer_Essstoerung_web.pdf, abgerufen am 21.07.2025
anad.de geschwistersprechstunde, abgerufen am 21.07.2025
lwl-uk-hamm.de ess-stoerungen-bei-kindern-jugendlichen, abgerufen am 21.07.2025
https://www.youtube.com/watch?v=gCc5fv22HLs, abgerufen am 21.07.2025
diepta.de essstoerung-was-koennen-eltern-tun-magersucht-bei-kindern-und-jugendlichen, abgerufen am 21.07.2025